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Action und Lebensfreude pur

Am letzten April-Wochenende fand der 13. Aktionstag der AMSEL nach langer Pause wieder in Präsenz statt. Die gelungene Mischung aus Information, Workshops, Bewegung und Expertenrunden und der Austausch mit anderen Betroffenen lockte dieses Jahr über 120 Teilnehmer nach Bad Boll.

Der Aktionstag der AMSEL (eigentlich sind es ja zwei Tage) richtet sich speziell an junge MS-Betroffene und orientiert sich an ihren altersspezifischen Interessen und Fragestellungen rund um das Leben mit MS. Geboten waren zahlreiche, breit gefächerte Workshops von

  • Achtsamkeit über
  • Ausbildung mit MS,
  • Ernährung,
  • Line Dance,
  • Klangschalen,
  • Partnerschaft und manches mehr bis hin zu
  • Wassergymnastik, dazu
  • Expertenvorträge.

Nach all der Information und Interaktion waren viele der Teilnehmer am Ende der Wochenendveranstaltung zwar sichtlich geschafft und müde, aber offensichtlich sehr zufrieden mit ihrem Wochenende. – Hier berichtet amsel.de über Tag 1, den Samstag:

Tag 1: Update MS-Therapie 2024 und Workshops

Das traditionelle Update zu den Entwicklungen der MS-Therapie gab Dr. Lienhard Dieterle, Neurologe mit einer MS-Schwerpunktpraxis in Ravensburg und Mitglied des Ärztlichen Beirats der AMSEL. Wichtig sei es, frühzeitig therapeutisch gegen eine MS anzugehen, um bleibende Defizite durch Demyelinisierung und Neurodegeneration zu vermeiden.

Auf dem Weg zur Heilung der MS sei die Freiheit von Krankheitsaktivität ein bedeutender Zwischenschritt. Als Akuttherapie bei Schüben empfehle sich laut der Leitlinie der DGN 2023 eine hochdosierte Gabe von Methylprednisolon entweder intravenös oder oral. Auf Plasmapherese (Blutwäsche) sollte nur bei besonders aggressiven Schüben zurückgegriffen werden, die auf eine Kortisontherapie nicht reagieren.

Die dauerhaft eingesetzte Immuntherapie müsse für den Patienten akzeptabel und an die Aktivität der MS angepasst sein. Das Nutzen-Risiko-Profil der Wirkstoffe darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, denn je höher die Wirksamkeitskategorie des Medikaments, desto höher auch die Gefahr von unerwünschten Wirkungen.

Die Behandlung von primär progredienter MS steht nach wie vor an ihren Anfängen. Flankierend zur medikamentösen Therapie empfiehlt die Leitlinie der DGN regelmäßigen Kraft- und Ausdauersport, vollwertige Ernährung und bei Bedarf eine Vitamin D-Supplementierung. Seit 2017 sind Cannabinoide für die Behandlung von Spastiken zugelassen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Krankheitsbewältigung, die durch psychologische Unterstützung gefördert werden kann. Zu guter Letzt, so der Neurologe, sollte man immer "sein Leben leben, denn die MS ist nur ein Teilbereich des Lebens." – „Ein wunderbarer Vortrag“, so eine Stimme aus dem Publikum.

Die Workshops im Einzelnen:

Hanky Panky im Cha Cha-Schritt

Max Vogel brachte seine Teilnehmer des Workshops „Line Dance“ zu so alten Country-Titeln wie „Hanky Panky“ leicht ins Schwitzen. Spielerisch trainierten die Wochenend-Line Dancer ihre kognitiven und koordinativen Fähigkeiten mit einer anspruchsvollen Choreografie und komplexen Bewegungsabläufen. Dass diese Form des Tanzens enorm viel Spaß macht, stand den Teilnehmern in die Gesichter geschrieben. Und Line Dance "wirkt" auf jeden anders: „Line Dance, das war Abschalten pur“, schwärmte Karin aus Vöhringen, während die Heidelbergerin Jessica fröhlich, aber gut erhitzt für sich erkannte: „Line Dance ist ja anstrengender als die Muckibude!"

Verschiedene Gangarten im Alltag

Im Workshop „Sport“ zeigte Ina Majer, lizenzierte Neuro-Reha-Sport-Trainerin beim SV Böblingen, Möglichkeiten des varianzbasierten Gangtrainings. Je enger die Fußposition auf instabilem Untergrund (zum Beispiel einem mehrfach gefalteten Handtuch), desto schwieriger wird es, das Gleichgewicht zu halten. Was viele nicht ahnen: Ein Handtuch ist ein universelles Trainingsgerät, es eignet sich auch fürs Krafttraining. Ähnliches gilt für Wasserflaschen: Beim Rütteln der gefüllten Flaschen lässt sich die Tiefenmuskulatur stärken – und das alles ohne großen Aufwand und auch zu Hause.

Get digital – stay human

Der Social-Media-Fachmann Lars Kroll erklärte, dass bei den Social-Media-Aktivitäten der AMSEL neben der Information über die MS vor allem auch die Interaktion mit MS-Betroffenen und ihren Angehörigen im Fokus stehe, um sie entsprechend ihres Alters "abzuholen" und zu vernetzen, ganz unabhängig vom bespielten Social Media-Kanal. Er animierte und motivierte seine Workshop-Teilnehmer, selbst Content zu kreieren, und gab wertvolle Tipps zu Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit von Quellen und Content Creation sowie Details zu Beleuchtung, Fokussierung und Hintergrund. Eine Idee für den Einstieg wäre ein Statement zum Motto des Welt-MS-Tages 2024 #MutigundStark.

Klangschalen bringen Raum und Körper zum Schwingen

Tatjana Martin, zertifizierte Klangschalenpraktikerin, nahm ihre Teilnehmer mit auf eine Klangreise. Die Klangschalen können nicht nur einfach im Raum gehört und gefühlt werden, sondern auch auf verschiedene Körperregionen gesetzt und sachte angeschlagen werden.

Das Geheimnis: Es geht weniger um den Klang, mehr um die Schwingung, weniger um das Hören als um das Fühlen der Vibration. Dazu Tatjanas ruhige Stimme – eine entspannende Wohltat, wie viele bestätigten. Felix aus Weil der Stadt etwa ist ganz erstaunt darüber, was Klangschalen bei ihm entstehen lassen: „Mit den Füßen in der Klangschale zu stehen, verstärkt beides: das Wohlgefühl an meiner gesünderen Körperseite und das unangenehme Gefühl an meiner stärker betroffenen Seite. Aber der Geist kommt total zur Ruhe.“

Wassergymnastik

Wie wohltuend und gleichzeitig effizient Wassergymnastik ist, zeigte Birgit Schubert, lizenzierte Reha-Sport-Trainerin beim SV Böblingen, ihren Teilnehmern. Dieses ganzheitliche Training stärkt den gesamten Bewegungsapparat und das Herz-Kreislauf-System. Besonders wichtig für MS-Betroffene: Die Stärkung des Gleichgewichtssinns bei gleichzeitiger Sicherheit durch das Schweben im Wasser. Der Trainingseffekt von Aqua-Training sei fünfmal so hoch wie an Land.

Am Ende des Tages: Lebensfreude pur!

Nach einer wohlverdienten Pause, die jede und jeder auf seinem Zimmer zubringen konnte, ging es abends weiter. Geselligkeit war jetzt angesagt, ob am Büfett, den Tischen oder spontan zusammengerückten Stühlen. Richtig flott wurde es beim Karaoke-Singen von „Mamma Mia“ über „99 Luftballons“ bis zu „An Tagen wie diesen“, mit Riesenspaß und Szenenapplaus. Und schließlich beim ausgelassenen Abtanzen zur gelungenen Musikauswahl des DJs. So sieht Lebensgenuss mit MS aus.

In den kommenden Tagen lesen Sie, wie es an Tag zwei des AMSEL-Aktionstages mit Workshops und noch mehr Infos weiterging.

AMSEL e.V. dankt Merck Healthcare Germany GmbH, Novartis Pharma, Roche Pharma AG und Teva GmbH für die freundliche finanzielle Unterstützung bei der Durchführung des Aktionstages. Dank geht außerdem an die Gemeinschaftsförderung der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und die Lechler Stiftung.

Redaktion: AMSEL e.V., 02.05.2024